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  • AutorenbildJakob Lesmeister

MDR - Plötzlich Hersteller für Medizinprodukte?

(German only)


Hersteller für Medizinprodukte


"Aufgeschoben ist nicht aufgehoben" - das gilt insbesondere für die Verordnung (EU) 2017/745 (auch als “Medical Device Regulation - MDR bezeichnet). Mit der Verschiebung der MDR haben Akteure aus der Medizintechnikindustrie zwar mehr Zeit für die Umsetzung der neuen Regularien gewonnen, doch müssen diese nach wie vor bis Mai 2021 umsetzen. Die Neuerungen bedeuten einerseits, dass Regelungen verschärft oder neu geschaffen werden. Anderseits können sich aber auch die Rollen einiger Akteure ändern. Hintergrund dabei ist, dass die MDR die Begriffe “Hersteller” und “Händler” neu definiert.


Damit ist allerdings nicht gemeint, dass gemäß Artikel 1 Absatz 2 neuerdings auch Produkte ohne medizinischen Verwendungszweck (z.B. farbige Kontaktlinsen) in den Geltungsbereich der MDR fallen und deren Hersteller somit zu Herstellern von Medizinprodukten mit sämtlichen Pflichten werden.

Vielmehr geht es darum, dass Akteure wie Sanitätshäuser, die bisher nur Händler waren, versehentlich und womöglich auch unwissentlich plötzlich zum Hersteller eines Medizinproduktes werden. Doch wie genau kommt es zu diesem Szenario und was kann man tun, damit man hier nicht ins Stolpern gerät?


Was bedeutet es, Hersteller zu sein?


Bevor man jetzt aber alle Alarmglocken gleichzeitig läutet, lohnt zunächst ein Blick darauf, was es heißt, Hersteller von Medizinprodukten zu sein. Außerdem sollte man sich auch über den Unterschied dieser Rolle - im Vergleich zu einem Händler - bewusst werden.

Die gute Nachricht: Unabhängig davon, welche Rolle oder auch Rollen ein Unternehmen zukünftig einnimmt, gibt es eine Reihe von Anforderungen, die für alle Akteure gleichermaßen gelten. Kurzum, diese sind in jedem Unternehmen, das Händler ist, ohnehin schon etabliert. Alle Anforderungen finden Sie unserem letzten Artikel "MDR verschoben". Wichtig zu wissen ist, dass ein Hersteller deutlich höhere Anforderungen erfüllen muss als ein Händler und auch in Bezug auf Haftungsfragen unter Umständen eine angreifbarere Position hat.


Was kann ich tun, um kein Hersteller zu werden?


Wenn man es vermeiden will, die strengen Auflagen an Hersteller zu erfüllen, sollte man folgende zwei Faktoren umgehen: die Änderungen der Verpackungseinheiten sowie Änderungen der Zweckbestimmung. Beide Themen sind gerade für Sanitätshäuser von essenzieller Bedeutung. So kommt es im Alltag nicht allzu selten zu einer Änderung der Verpackungseinheiten. Fernerhin ist eine Änderung der Zweckbestimmung bzw. ein Verlassen der vom eigentlichen Hersteller vorgesehenen Zweckbestimmung schneller passiert als angenommen.


Das Verändern von Verpackungen ist streng reglementiert. Darunter fällt auch ein Bereitstellen von Produkten auf dem Markt unter dem Namen der eigenen Firma und nicht mehr unter dem des ursprünglichen Herstellers - die sogenannte Umkennzeichnung.


Nach MDR Artikel 16 gilt Folgendes: Ändert man die äußere Verpackung eines bereits im Verkehr befindlichen Produkts (inkl. Änderung der Packungsgröße), muss dies unter Bedingungen geschehen, die gewährleisten, dass der Originalzustand des Produkts dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Für steril verpackte Produkte sind die Auflagen noch mal strenger, da die Aufrechterhaltung der Sterilbarriere gewährleistet werden muss. Weiterhin muss die Gebrauchsanweisung Verhaltenshinweise enthalten, welche Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen sind, wenn die Sterilverpackung vor der Verwendung des Produkts beschädigt oder versehentlich geöffnet worden ist. Um also genau diese Sicherstellung zu garantieren, wird ein Qualitätsmanagementsystem vom Händler gefordert. Zusätzlich sind mindestens 28 Tage bevor das umgekennzeichnete oder umgepackte Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird, der Hersteller und die zuständige Behörde zu benachrichtigen. Der Hersteller muss zusätzlich bescheinigen, dass das Qualitätsmanagementsystem des Händlers den festgelegten Anforderungen an solche Prozesse entspricht.

Fazit: Aufgrund der hohen Auflagen und des zeitlichen Aufwands empfiehlt es sich, wann immer möglich, auf Änderungen von Verpackungseinheiten zu verzichten. Sollte dies nicht möglich sein, muss ein entsprechender Prozess innerhalb eines QMS aufgesetzt werden, um die Gewährleistung der Auflagen nachzuweisen.


Für jede Änderung an einem Produkt muss außerdem geprüft werden, ob sich dadurch die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung verändert oder die Konformität beeinträchtigt ist. Das bedeutet für Händler oder auch Orthopädietechniker, dass sie die Vorgaben des Herstellers unbedingt einhalten und bei Anpassungen und Montagen darauf achten sollten, dass diese innerhalb der Spezifikation des Herstellers durchgeführt werden. Sollte eine Änderung darüber hinaus zwingend notwendig sein, empfiehlt es sich diese vom Hersteller genehmigen zu lassen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Orthopädietechniker eine neue Sohle für einen Prothesenfuß fertigt und anbringt, diese aber nicht der Sohle entspricht, die der Hersteller für derartige Wartungen für sein Produkt freigegeben hat.

Allgemein ist hier immer eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Händler von Vorteil, da dann direkt eine Zweckbestimmung bzw. ein bestimmungsgemäßer Gebrauch mit dem Hersteller unmittelbar auf mehrere Produkte ausgeweitet werden kann.


Fazit: Bewegen Sie sich als Händler grundsätzlich immer in den vom Hersteller angegebenen Spezifikationen. Scheuen Sie sich jedoch nicht auf die Hersteller zuzugehen, wenn sie Genehmigungen für spezielle Anpassungen haben oder auch wenn sie grundsätzlich für bestimmte Produkte mehr Spielraum benötigen sollten.



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